Das Echo des Geschreis reicht bis zu meinem Balkon, in einem Takt, der zuerst von den Beinen bestimmt und dann von den Kehlen begleitet wird. Es sind noch knapp zwei Wochen bis zur großen Parade auf dem Platz der Revolution und wir Anlieger im Umkreis von einigen Kilometern sind schon ganz erschöpft von den vielen Vorbereitungen. Straßen werden gesperrt, Polizisten leiten den Verkehr um, und die Truppen lassen Boulevards und Gehwege erzittern, wo jetzt eigentlich Autos, Leute und Kinderwagen unterwegs sein sollten.
Ich steige aufs Flachdach, um die Choreografie des kriegerischen Geschehens in all seinem Ausmaß zu überblicken. Die Dinge laufen schlecht, wenn der VI. Kongress der Kommunistischen Partei Kubas mit dieser Prozession der Bajonette beginnt. Wenn man wirklich ein Abbild der Reformen geben wollte, dann würde man nicht diese olivgrünen Uniformen am 16. April zur Schau stellen. Wie sehr wünschten wir uns, dass an diesem Tag ein Pilgerzug von Ergebnissen aufträte und nicht von Ängsten! Dass sich eine lange Reihe von erreichbaren Zielen zeigte und nicht die erdrückende Demonstration einer militärischen Macht, die wir nicht einmal haben! Stellen Sie sich vor: die Paseo-Straße und ihre Umgebung würde unsere projektierten Träume beherbergen und nicht Kalaschnikows aus kaltem Metall mit drohendem Abzug.
Das könnte das Defilee der Dinge sein, die wir ersehnen, ein Pilgerzug des Jubels, zu dessen Teilnahme niemand gezwungen werden muss. Kein Direktor würde seine Schüler dazu abordnen, unter der glühenden Sonne mit einem Gruß an der Tribüne vorbeizumarschieren. Die Arbeiter würden merken, dass ihr Fernbleiben keinen Eintrag in ihrer Personalakte nach sich ziehen würde. Eine wirkliche Volksparade würde nicht an einem Tag so viele Finanzmittel verschwenden, dass die Nation mehrere Monate braucht, um sie aufzuwenden. Sie würde eher spontan ausbrechen, sie würde die Menschen mit einem Lächeln auf die Straße bringen und uns nicht dieses Gefühl der Angst vermitteln, das diese synkopierten Schreie in uns heute hervorrufen.
Yoani Sánchez, Havanna, 11.04.11
Übersetzung: Iris Wißmüller
Artikel aus http://desdecuba.com/generaciony/