Historischer Bilderbogen der Solidarität mit Kuba

Die 60er Jahre markieren die große Welle der Solidarität mit Kuba, mit der kubanischen Revolution, ihrer Regierung und ihrem Volk. Alles bedeutete unterschiedslos dasselbe für jene, die sogar unbeschadet ideologischer Positionen für die Unterstützung einer für gerecht gehaltenen Sache ihre Wahl trafen. Menschen verschiedener Länder und unterschiedlicher Glaubensrichtungen schlossen sich dieser Welle an, darunter die fortschrittlichsten Intellektuellen der Welt.

Diese internationale Reaktion braucht nicht zu verwundern. Eine Gruppe von Guerilleros, an deren Spitze charismatische Gestalten standen, hatte soeben eine schändliche Diktatur aus dem Land vertrieben. Die Guerilla an der Macht mit der mehrheitlichen Unterstützung der Bevölkerung stellte sich gegen die Interessen der Vereinigten Staaten. Diese antworteten mit destabilisierenden Manövern, unterstützten mit Gewaltaktionen jeder Art Teile der Bevölkerung und das beginnende Exil; sie leiteten sogar eine Invasion und Bombardierungen aus der Luft ein. Andererseits ist verständlich, dass die oppositionellen Gruppen in der Bevölkerung, die mit den Methoden und Zielen der Revolutionsregierung nicht einverstanden waren, der privilegierten Klasse angehörten; diese forderte ein bewaffnetes Eingreifen der USA.

Schließlich, aber nicht weniger bedeutsam ist die Tatsache, dass die meisten kubanischen Intellektuellen sich auf die Seite der Revolution stellten. Das trug zusammen mit einer klugen Werbekampagne und einer geschickten Instrumentalisierung der internationalen Politik durch die Revolutionsregierung dazu bei, die Solidarität in nützliche und wirksame Bahnen zu lenken.

Allerdings kamen viele der gewaltsamen Oppositionellen gegen das Regime aus den Reihen der Aufständischen. Sie klagten Fidel Castro an, Mitglieder der Sozialistischen Volkspartei (d. h. der Kommunistischen Partei vor der Revolution) in Schlüsselpositionen gebracht zu haben, um eine Personendiktatur zu errichten. Dadurch drängten sie die Revolutionäre an den Rand, welche den Fall der Diktatur Batistas mit ermöglicht hatten. Diese Oppositionellen kamen aus der Mittelklasse. Ihnen schwebte eine totale Wiederherstellung der Verfassung von 1940 vor. Jene war von einem starken sozialdemokratischen Geist getragen gewesen. Die 60er Jahre stellten auch die Epoche der größten Unterdrückung durch die Revolutionsregierung in ihrer ganzen Geschichte dar. Aber die aufgezeigten Faktoren hatten keine größeren Folgen, weder im Ausland noch auf der Insel.

Im April 1971 kam es zu einer ersten größeren Entfremdung zwischen der Regierung und den kubanischen Intellektuellen. Dieses Ereignis -der Fall Padilla – löste ein noch größeres internationales Echo aus. Huberto Padilla gewann den Literaturpreis „Julián del Gasal“ mit dem Lyrikband Außerhalb des Spiels (Fuera dei Juego). Dieser Text wurde von den kubanischen Behörden für konterrevolutionär erklärt. Der Autor wurde inhaftiert und nach seiner Freilassung zu einem „Mea culpa“ genötigt, in das er auch andere Intellektuelle einbezog. So wiederholte sich ein schon aus der Sowjetunion und ihren Satelliten bekanntes Drehbuch.

Die Unterstützung Castros für die Invasion in der Tschechoslowakei, die den Prager Frühling 1968 beendete, schürte auch in bestimmten Sektoren im Ausland Unzufriedenheit. Diese Teile meinten, die Revolution habe an Originalität verloren, weil sie sich den Mustern des Sowjetstaats ergab.

In den folgenden Jahren assoziierte sich Kuba dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (COMECON). Dessen Mitgliedsstaaten leiteten eine Politik der Unterstützungen und Kredite ein, die das Lebensniveau der kubanischen Bevölkerung verbesserte. Diese Errungenschaften wirkten sich besonders auf das Erziehungs- und Gesundheitswesen und auf den Sport aus.

Es begann eine Periode der Institutionalisierung. Man verabschiedete nach sowjetischem Vorbild eine neue Verfassung. Man gab die Unterstützung der Guerilla in Iberoamerika auf, um konventionelle Kriege in Afrika zu beginnen. In diesem Kontext beschränkte sich die internationale Solidarität im Wesentlichen auf die ideologische Ebene, ohne deshalb zu erschlaffen. Die Sympathien für Kuba verbanden sich mit dem realen Sozialismus. Der Propagandaapparat des sozialistischen Lagers verschmolz mit dem kubanischen zu einer Einheit.

Ein Ereignis, das in seiner Wirkung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, passierte 1980. Eine Gruppe junger Leute benutzte einen Autobus, um auf das Gelände der peruanischen Botschaft in Havanna zu gelangen, wo sie aufgenommen wurden. Als Strafe für das Verhalten der Peruaner beschloss die kubanische Regierung, die Botschaftswache abzuziehen. In wenigen Stunden kletterten 11 000 Kubaner über die Gitter, um sich mit den Asylbewerbern zu vereinigen. Für einen Augenblick gab es Verwirrung bei der Führung des Landes, da es sich um eine unvorhergesehene Situation handelte.

Man brauchte ein Ausflussventil, um elegant aus der Unzufriedenheit herauszukommen. Die Regierung verkündete, dass nicht Peru, sondern die USA das Ziel der Nonkonformisten sei. Deshalb erlaubte sie, dass US-Kubaner in Booten sofort ihre Familienangehörigen und Freunde abholen konnten. Dafür stellten sie den Hafen von Mariel zur Verfügung. Etwa 130 000 Kubaner schifften sich auf dieser Flotte ein. Dafür mussten sie Schläge und bissige Sticheleien von Horden ertragen. Diese straften mit dem Schrei „Sie sollen abhauen!“ diesen Versuch mit “ Akten der Einschüchterung“ sogar vor den Häusern der künftigen Exilierten. Niemals gab es in dem Land eine so entwürdigende Situation. Das war wahrscheinlich das Ereignis, das die größte Ernüchterung in der kubanischen Bevölkerung hervorrief. Diese Bilder hatten international eine brutale Wirkung.

ri, Die Situation auf Kuba blieb sogar trotz des Mauerfalls von Berlin stabil. Viele Menschen auf der Welt, die im realen Sozialismus eine gangbare Alternative zum Kapitalismus gesehen hatten, stellten fest, dass das System vor allem auf wirtschaftlicher Ebene ein Misserfolg war. Auch die Unterstützung, welche die Bevölkerungen den entsprechenden Regime angedeihen ließen, war reine Fiktion gewesen. Trotzdem hielt sich die kubanische Regierung und wurde nicht in den Fall ihrer sozialistischen Bruderländer gerissen.

Viele meinten, die Insel könnte die Fehler des realen Sozialismus korrigieren und die Hoffnung auf eine gewisse soziale Gerechtigkeit retten. Das alles ließe sich mit größeren Freiheiten für die Bevölkerung und Wechseln in der korrekten Führung paaren. Allerdings dauerte der Streit zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba an, denn die Maßnahmen des Wirtschaftsembargos verschärften sich. Aber man hätte schwerlich glauben können, dass die kubanische Regierung wesentliche Veränderungen plane. Denn seit dem Regierungsantritt Gorbatschows in der UdSSR zeigte die Regierung deutlich, dass sie nicht mit Perestroika und Glasnost sympathisiere. Die wirtschaftlichen Errungenschaften der 80er Jahre wurden rückgängig gemacht. Man eliminierte das System der Wirtschaftsleitung und Wirtschaftsplanung, desgleichen die materiellen Arbeitsanreize. Man verbot den Umlauf von sowjetischen Zeitschriften und Zeitungen; die kubanischen Publikationen wurden beträchtlich eingeschränkt.

Aber das herausragende Ereignis waren im Juni 1989 die Erschießungen des Generals Arnaldo Ochoa und des Obersten Antonio de la Guardia zusammen mit anderen Offizieren. In einem späteren Prozess wurde der Innenminister Jose Abrantes zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt (wo er ein Jahr später starb). Parallel dazu wurde sein Ministerium von den bewaffneten Streitkräften gereinigt. Die Repressalien gingen weiter und führten zum Ausschluss von fünf Generälen, der Degradierung zum Obersten eines weiteren und dem Selbstmord von zwei hohen Offizieren. Die Reichweite der getroffenen Maßnahmen stand in keinem Verhältnis zu den Anklagen wegen Drogenhandel und Korruption. Dagegen handelte es sich um eine offensichtliche Botschaft an die Militärs und Mitglieder der Regierung, nichts gegen die Unbeweglichkeit des Regimes zu unternehmen. Diese Botschaft glich der des Diktators Franco der einmal gesagt hatte: II Wer sich bewegt, kommt nicht auf das Foto.“

Trotzdem beschloss Fidel Castro 1993 den Besitz von Dollars in den Händen der Bevölkerung zu erlauben. Diese Entscheidung fiel im schlimmsten Augenblick der so genannten „Sonderperiode in Friedenszeiten“. Diese war unter anderem durch den Verlust von Unterstützungen für kubanische Exporte und durch den Marktverlust der Ostblockländer verursacht. Zu jener Zeit litt fast die ganze kubanische Bevölkerung Hunger, unabhängig von ihrer Qualifikation, ob sie arbeitete oder nicht. In den Städten konnte man Gesichter wie Leichname beobachten.

Diese Bilder hatte man in Massen im Land nur während der Kolonialzeit gesehen, als das spanische Heer in den Städten die Bauern einpferchte, um zu verhindern, dass sie mit den kubanischen Streitkräften zusammenarbeiteten. Als Folge der Unterernährung führte eine Epidemie der hämorrhagischen Nervenentzündung zum Sehverlust und zu Problemen der Fortbewegung bei Tausenden von Kubanern. Weitere Tausende kamen wegen der bloßen Tatsache des Dollarbesitzes auf der Straße oder daheim ins Gefängnis. Ein einziger Schein genügte, um diese Maßnahme zu rechtfertigen.

Die Situation in der Gesellschaft war explosiv, denn die Produktion und die Importe deckten nicht die Bedürfnisse zum Überleben. Die einzige Maßnahme, die kurzfristig beträchtliche Deviseneinnahmen garantierte, war die Erlaubnis zur freien Dollarzirkulation aus dem Besitz der kubanischen Exilierten und Emigranten. Das sprengte jedoch die lauthals herausposaunte soziale Gerechtigkeit und führte zur scharfen Kritik von internen Regimeverteidigern und vielen Freunden im Ausland.

Diese Maßnahme konnte jedoch nicht verhindern, dass im August 1994 heftige Proteste in Havanna zum so genannten „Maleconazo“ („Protest an der Uferpromenade in der Altstadt“) führten. Diese Tatsache gab der Regierungsführung zu denken. Sie mußte die freien Bauernmärkte wieder zulassen, in gewisser Weise den Arbeitsprozess liberalisieren und eine Reihe von Beschäftigungen auf eigene Rechnung zulassen. Ebenso wurden Publikationen mit einer reformistischen Tendenz, zumindest unter wirtschaftlichem Aspekt zugelassen.

Es wurden auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gegründet. Sie dienten dem Hauptzweck, Finanzierung für bestimmte Projekte einzuwerben. Andererseits keimten in der Bevölkerung, allerdings in sehr begrenzter Form, Anfänge einer Zivilgesellschaft. Es gründeten und verstärkten sich Gruppen für die Verteidigung der Menschenrechte, Gruppen von Journalisten und Gewerkschaftlern sowie unabhängige Bibliotheken.

Obwohl diese Gruppen verboten sind und viele ihrer Mitglieder inhaftiert und durch Verhaftungen oder Akte der Einschüchterung in ihren Wohnungen unterdrückt wurden, werden sie in gewisser Weise von der Regierung toleriert. Alles diente dazu, die internationale Solidarität zu stützen, die sich jetzt von Klimawechsel und Toleranz in der politischen und sozioökonomischen Ordnung nährt. Diese Situation dauert bis 1996 mit der Verhaftung der führenden Köpfe des Kubanischen Konzils. Diese Organisation versuchte alle Dissidentengruppen zu vereinigen.

Später wetterte der zweite Sekretär der Kommunistischen Partei in einer Rede vor dem Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei gegen die entstandenen und kontrollierten Nichtregierungsorganisationen, gegen Zeitschriften und Publikationen. Man schränkte die Arbeit auf eigene Rechnung ein, führte Abschöpfsteuern ein und verabschiedete das „Knebelgesetz“. Danach konnten alle, die kritische Artikel über Kuba im Ausland veröffentlichten, für lange Jahre hinter Gitter kommen.

Das Panorama, das die Revolution zu Beginn des 21. Jahrhunderts bot, hatte sich seit ihrem Beginn Mitte des 20. Jahrhunderts ziemlich verändert. Obwohl die Regierung die Unterstützung der Bevölkerung für alle ihre Maßnahmen proklamiert und das durch die hohe Wahlbeteiligung dokumentiert (die nur vom Irak in der Ära von Sadam Hussein übertroffen wurde), zeigt die Wirklichkeit ein sehr viel anderes Bild.

Obwohl die Regierung unverändert das Gesundheits- und Erziehungssystem aufrechtzuerhalten versuchte, ließ deren Qualität viel zu wünschen übrig. Im Gesundheitssystem hat sich die Hygiene verschlechtert. Es fehlen die Medikamente, und das Personal ist sehr nachlässig geworden. Im Erziehungswesen hat sich der Staat zu Notplänen veranlasst gesehen, um junge Lehrer mit kurz monatiger Ausbildung vor die Klasse zu stellen. Der Grund für diese Schlappe liegt in der Personalflucht in beiden Sektoren wegen fehlender wirtschaftlicher Anreize.

Im persönlichen Bereich ist das Niveau der Lebenshaltung der kubanischen Bevölkerung drastisch gesunken. Allen ist klar, daß diese Situation ohne große Veränderungen andauern wird; denn über zehn Jahre nach Beginn der Krise hat die Regierung keine Strategie, um radikal diesen Engpass zu überwinden. Nach offiziellen Statistiken betrug das Durchschnittswachstum des kubanischen Bruttoinlandsprodukts für den Zeitraum von 1994 bis 2002 3, 4 %. Wenn dieser Index sich hält, müsste man im Jahre 2006 das Bruttoinlandsprodukt aus dem Jahre 1989 erhalten, als die Krise begann.

Die tatsächlichen Löhne reichen nicht, um die Grundbedürfnisse der Arbeitnehmer und noch viel weniger die ihrer Familien zu decken. Nur wer eine Verbindung zum Dollar hat, verfügt über eine stabile Wirtschaft. Diese Verbindung wird durch Devisensendungen der kubanischen Emigranten und Exilierten oder durch Kontakte mit dem Tourismus erreicht. Der andere Weg läuft über illegalen Handel aller Art, über Diebstähle in Unternehmen und über die Prostitution. Ein weiterer Rettungsweg ist die Ausreise aus dem Land.

Ein Volk in dieser Situation kann nicht die Regierenden länger als vier Jahrzehnte unterstützen; denn diese haben es in den unüberwindbaren Abgrund gestürzt. Die Regierung ist sich dessen bewusst und erschrickt vor der Möglichkeit, dass die Bevölkerung eine Gelegenheit zur freien Meinungsäußerung haben könnte. Der ehemalige US-Präsident Carter nahm anlässlich seines Kuba-Besuchs die Gelegenheit wahr, auf das „Projekt Varela“ aufmerksam zu machen, das von mehr als 10000 Inselkubanern unterzeichnet worden war.

Damit hatten sie eine in der Verfassung von 1976 verankerte Bedingung erfüllt, nach der es möglich war, ein Referendum für Gesetzesänderungen durchzuführen. Die Modifizierungen dieses Projekts hätten die Amnestie für alle Gewissensgefangenen bedeutet. Weiterhin hätten die Kubaner ebenso investieren dürfen wie ein Ausländer, und mit einer Veränderung des Wahlrechts hätten sie zu freien Wahlen aufrufen können. Die Antwort der Regierung stand in keinem Verhältnis dazu. Mit den bekannten Zwangsmaßnahmen präsentierte sie einen Verfassungszusatz, der fast von der ganzen erwachsenen Bevölkerung gebilligt wurde, um den Sozialismus ein für allemal festzuschreiben.

Die Zahl der Emigranten und Exilflüchtlinge ist kontinuierlich gestiegen. Nach Schätzungen beträgt ihr Prozentsatz 115 der Inselbevölkerung. Der soziale Ursprung dieser Diaspora ist nicht mit dem in den 60er Jahren identisch. Viele der neuen Emigranten und Exilierten lebten Jahrzehnte im revolutionären Kuba. Deshalb vertreten sie gemäßigter Positionen mit Verständnis für die Bevölkerung, die noch auf der Insel lebt.

Andererseits haben sich in beträchtlichem Umfang Intellektuelle und Künstler aus allen Bereichen diesem Exodus angeschlossen. Viele von ihnen verstehen sich als Aufklärer über die Situation in Kuba. Diese Intellektuellen versuchen, die Erinnerung der Nation zurück zugewinnen, die Gründe für die gegenwärtige

Situation zu erforschen und Projekte für eine Zukunft nach dem Kommunismus zu entwerfen. Dieser Diskurs gewinnt täglich mehr Sympathien in der Welt.

Dagegen steht der nach einem Text von García Marquez abgewandelte Satz, den der jüngst verstorbene spanische Schriftsteller Manuel Vazquez Montalban in seinem Buch Und Gott zog in Havanna ein (1998) zitierte: „Die Revolution hat niemanden, der ihr schreibt“, denn der Autor konnte „kein Werk eines kubanischen Schriftstellers auf der Insel finden, das Vertrauen in die Situation setzt“. Trotz der antiimperialistischen Rhetorik der kubanischen Regierung sind deren Beziehungen zu den USA noch nie so eng wie jetzt gewesen. Es gibt ein Abkommen zur Rückführung von Kubanern, die vor Erreichung der nordamerikanischen Küste aufgefischt wurden. Seit Ende 2001 existieren bedeutende Importe von Nahrungsmitteln aus den USA. Man kauft jedoch nach eigenen Erklärungen keine Medikamente, weil sie in den USA teurer als auf anderen Märkten seien.

Die erworbenen Nahrungsmittel bildeten im Jahre 2002 20 % der gesamten Importe in diesem Bereich. Die nordamerikanischen Exporteure schätzen, im Jahre 2003 Waren für etwa 510 Millionen Dollar nach Kuba umsetzen zu können. Demnach wären die USA mit 35 % der Hauptlieferant für Nahrungsmittel nach Kuba.

Kongressteilnehmer und Unternehmer besuchen regelmäßig die Insel. Bereits zweimal hat die Repräsentantenkammer in Washington mit der Mehrheit der Regierungspartei die Aufhebung des Reiseverbots für US-Bürger nach Kuba beschlossen, ein zentraler Aspekt für die Interessen der kubanischen Regierung.

Das Panorama der Situation Kubas zu Beginn des 21. Jahrhunderts lässt sich durch die Verhaltensweise der kubanischen Regierung im März 2003 zur Zeit des Kriegs im Irak vervollständigen. Im Glauben, dass die Proteste gegen die Unterdrückungsmaßnahmen sich in Grenzen halten würden, verhafteten und verurteilten die kubanischen Instanzen in Schnellverfahren 75 Dissidenten, die auf friedliche Weise die Verletzungen der Menschenrechte anprangerten und unabhängigen Journalismus ausübten.

Die Verurteilungen waren Willkürakte und extrem grausam, weil sie den Verurteilten keine wirklichen Möglichkeiten für ihre Verteidigung einräumten. Die Strafen verliefen in ihrer Höhe zwischen 12 und 28 Jahren; insgesamt kamen 1275 Haftjahre zusammen.

Als wenn das noch nicht genug gewesen wäre, wurden in einem Blitzverfahren drei junge Leute erschossen, die mit Gewalt, aber ohne jemandem Schaden zuzufügen, versucht hatten, ein Schiff zur Flucht in die USA zu entführen. Nach Verlautbarungen der kubanischen Regierung entsprach die Verurteilung politischen Notwendigkeiten. Das war der Tropfen, der das Fas zum Überlaufen brachte, und viele Sympathisanten sagten wie der Nobelpreisträger für Literatur, Jose Saramago: „Bis hierher bin ich gegangen.“

Die Gesamtsituation zeigt, dass es der kubanischen Regierung allein um die Erhaltung der Macht um jeden Preis geht. Das gegenwärtige Dilemma spielt sich nicht zwischen der kubanischen und der nordamerikanischen Regierung ab, sondern primär im Volk, in der kubanischen Nation. Deshalb muß sich die Solidarität von allen Menschen guten Willens, die nicht von machtgieriger Ideologie verblendet sind, dem leidenden Volk zuwenden.

Diese Solidarität besteht in ihrer schönsten Ausdrucksform darin, der Bevölkerung das Recht auf freie Wahl ihrer Regierung zuzugestehen. Das Volk sollte Formeln ; suchen, um aus der gegenwärtigen Krise herauszukommen und seine Zukunft zu  gestalten. Deshalb muss jeder Versuch verurteilt werden, es an diesem Recht zu hindern.

Die Schweine in der Farm von George Orwell erreichten die äußere Anerkennung.

Das war ihr großer Sieg. Man kann zum Sieg des kubanischen Volkes beitragen, wenn man den Unterdrückern die Anerkennung für ihre Ausschreitungen verweigert.

Emilio Hernández