Möglichkeiten für ausländische Direktinvestitionen in Kuba

Anfang Dezember organisierte der DeCub e.V.in Bonn eine Konferenz mit dem Thema „Möglichkeiten für ausländische Direktinvestitionen (ADI) in Kuba“. Vortragende war die Diplom- Volkswirtin Frau Dr. Skibbe, Prokuristin der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH,  die das Thema mit überzeugender Professionalität entwickelt hatte. In meiner folgenden Arbeit über dieses Thema richte ich mich an der Struktur dieses Vortrages aus, aber alle folgenden Daten und Kommentare unterliegen meiner eigenen Verantwortung.

Interessen und Ziele von Auslandsinvestitionen

Eines der Motive für ADI liegt in der Markteinführung in einem anderen Land. Kuba mit seinen 11 Millionen Einwohnern ist das bevölkerungsreichste Land der Karibik. Das könnte ein Handelsinteresse begründen. Dazu kommt, dass dort ein Defizit in der Herstellung von Konsumgütern besteht. Das Land importiert ca. 80% seiner Nahrungsmittel und trotzdem herrscht eine riesige Versorgungslücke. Kaufkraft wird aber auch durch die Zahlungsfähigkeit bestimmt. Diese drückt sich am besten in der Höhe der Einkommen aus. In Kuba erhalten die Beschäftigten im staatlichen Sektor (das ist die Mehrzahl) nur etwas mehr als 30 US Dollar monatlich. Die Bedürfnisse des kubanischen Marktes zu decken, scheidet deshalb als Grund für die Ansiedlung von ausländischem Kapital aus.

Allerdings erhält ein beträchtlicher Teil der kubanischen Bevölkerung Auslandsüberweisungen. Obwohl die offizielle kubanische Statistik darüber nicht informiert, wird die Höhe auf mehr als drei Milliarden Dollar im Jahr geschätzt und übertrifft wesentlich das Volumen der ausgezahlten Löhne und Gehälter. Pro Kopf erhielten im Jahr 2017 die Einwohner ca. 308 Dollar. 1_/   Der kubanische Binnenmarkt wird damit ausbaufähig, allerdings nur in frei konvertierbarer Währung.

Als weiteres Entscheidungselement dient den Investoren das Verhalten der Wirtschaft. Auf eine ansteigende Kurve wird besser eingestiegen als auf eine absteigende Kurve. Die kubanische Wirtschaft zeigt den Anreiz des Wachstums nicht, wie am Beispiel des Brutto Inlandsproduktes (BIP) im Vergleich zu ähnlichen nah gelegenen Ländern in folgender Grafik zu sehen ist.

Jährliches BIP-Wachstum auf Grundlage von stabilen Dollarkursen seit 2010 _2 /

Bodenschätze stellen ebenfalls einen Anreiz für ADI dar. Kuba verfügt über 20 % des Weltvorkommens an Nickel. Vom Wert her gesehen, ist dieser das am meisten exportierte Produkt. Möglicherweise verfügt das Land auch über wichtige Öl- und Gasreserven. Erfolgte Sondierungen haben das allerdings bisher nicht bestätigt. Gegenwärtig deckt Kuba seinen Energiebedarf zu 48 %. Der Tourismus zeigt ein beständiges Wachstum. Er stellt eine wichtige Einnahmequelle von Devisen sowie einen Beschäftigungsmarkt dar. Gerade in diesen Wirtschaftszweigen sind bisher die größten AID zu verzeichnen. Die Produktionen von Zigarren, Rum und anderen alkoholischen Getränken gehören ebenso dazu.

Ein anderes Motiv für ADI liegt in der Höhe der Arbeitskräftekosten. Die niedrigen Löhne in Kuba können dabei irreführend wirken. Die ausländischen Investoren müssen die Löhne an eine Arbeitsagentur bezahlen. Diese betragen im Durchschnitt 700 Dollar _3/, und sind damit höher als in den umliegenden Ländern. Von den Einnahmen erhalten Beschäftigten selbst nur etwa 5 %. Das ist zu wenig Anreiz. Aus diesem Grund bezahlen die Arbeitgeber normalerweise noch einen Bonus direkt aus. Damit erhöhen sich die Arbeitskosten weiter.

Vorbedingungen für ADI

Es liegt in der Verantwortung des jeweiligen Staates, Bedingungen zu schaffen für den Einsatz und die Aufrechterhaltung von ADI. Als Planwirtschaft unterscheidet sich die kubanische Wirtschaft von der Marktwirtschaft. Die Rolle des Staates besteht dabei nicht darin, die Bedingungen zu erleichtern, sondern der Staat selbst tritt als Kunde oder Wettbewerber auf. Dennoch hat dieser seit Ende der 80iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Interesse daran gezeigt, dass ausländische Direktinvestitionen in Kuba Fuß fassen, um dem Kapitalverlust im Land Einhalt zu gebieten. Als letzter Versuch können die neuen Verfügungen zum Gesetz Nr. 118 vom Jahr 2014 aufgeführt werden, welche die Bedingungen für Auslandsinvestitionen erleichtern. Weiterhin wurden Anreize in der Sonderwirtschaftszone Mariel geschaffen. Die Steuern auf Gewinne von Firmen mit ausländischem Kapitel schwanken zwischen 30 und 35 %. Das ist vergleichbar mit  internationalen Werten. Die Überweisung von Nettogewinnen geschieht ohne weitere Gebühren. Das gilt auch für den Fall der Aufgabe, des Verkaufs oder der Enteignung. _3/

Eine Voraussetzung für Investoren stellt auch die Infrastruktur des Landes dar. In Kuba befinden sich das Verkehrssystem und die Infrastruktur in einem bedauernswerten Zustand. Auch ist Kuba das rückständigste Land Lateinamerikas in Bezug auf die Anwendung des Internets.

Nach kubanischem Gesetz besteht das Bodenrecht maximal für 75 bis 99 Jahre wenn auf staatlichem Grund und Boden Bebauungen errichtet werden. Es bestehen keinerlei Möglichkeiten Grund und Boden zu erwerben.

Zum defizitären kubanischen Bankensystem kommt noch dazu, dass es unmöglich ist,  sich mit multilateralen Kreditinstituten, wie zum Beispiel die Weltbank oder andere, zu verbinden. Aufgrund des amerikanischen Embargos stellen die Einschränkungen, den Dollar als Zahlungsmittel zu verwenden, ein weiteres Hindernis dar. Kuba konnte seine Auslandsverschuldung mit verschiedenen Ländern zwischen 47 und 90 % reduzieren. Allerdings muss es zukünftig den Rest der Schulden (2,6 Milliarden US Dollar) begleichen, was vorher allerdings ausblieb. Zwischen 2016 und 2018 betrugen die Zinsen auf die Restschulden 170 Millionen USD. Da zukünftig mit steigenden Zinsen gerechnet wird, können sich diese Zahlen noch erhöhen. Mit Argentinien bestehen Schulden in Höhe von 2,4 Milliarden USD, die inklusive Zinsen sich bis auf 11 Milliarden USD belaufen könnten. Außerdem besteht eine Verschuldung bei privaten Versorgern, Anlegern und Banken, die im Jahr 2015 insgesamt etwas mehr als 5 Milliarden betrug. Die Säumigkeiten in den Bezahlungen von Lieferanten und die Unterbrechungen in den Rückführungen von ausländischen Firmen erwirtschafteten Gewinne, die seit 2009 auftreten, sind bedingt beruhen auf der fehlenden Liquidität. Da die Ursachen für diese Probleme nicht beseitigt wurden, können diese Schwierigkeiten jederzeit wieder auftreten. Der Zahlungsausgleich für Güter ist defizitär und kann nur durch den Export von Dienstleistungen stabilisiert werden.

Außenhandelssaldo von Gütern und Dienstleistungen in den Jahren 2010-2017  (Millionen Dollar) 1_/

20102011201220132014201520162017
Saldo  in Güter-5.935-7.849-7.970-9.207-7.952-8.173-7.756-7.508
Saldo in Dienstleistungen9.05410.08911.74112.19811.89910.50910.22210281
Saldo Total3.1192.2403.7712.9913.9472.3362.4662.773

Das größte Einkommen in Devisen entsteht durch ärztliche Dienstleistungen, Auslandsüberweisungen und Tourismus.

Perspektivisch gesehen:

–         Die ärztlichen Dienstleistungen beruhen auf politischen Interessen der empfangenden Länder. Ab 2019 wird Brasilien, wo zurzeit achttausend kubanische  Ärzte im Einsatz sind, auf diese verzichten. Für Kuba bedeutet das einen Einnahmeverlust  in Höhe von 300 Millionen USD. Mit Venezuela bestehen die meisten Verträge über kubanische Ärzte. Dort verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation. Das subventionierte Petroleum, das von dort an Kuba geliefert wird, wurde um 50 % reduziert. Damit ist Kuba gezwungen, es auf anderen, teureren Märkten zu beschaffen.

–         Der Zuwachs der kubanischen Emigration in den USA ist geringer in Folge der Aufhebung des Gesetzes der „trockenen und nassen Füße“. Dieses Gesetz verlieh die Aufenthaltsgenehmigung an alle Kubaner, die amerikanischen Grund und Boden betraten. Das führt dazu, dass die Auslandsüberweisungen weniger wachsen.

–         Trotz steigender Zahlen von Touristen, stiegen die Einnahmen aus dem Tourismus nicht in gleichem Maße. Das hängt auch mit dem Kreuzfahrttourismus zusammen. Im Jahr 2018 fiel die Zahl der Ankünfte von Touristen auf dem Luftweg um 6 % im Vergleich mit 2017 obwohl die Gesamtzahl stieg. Für die folgenden Jahre wird mit einem leichten Anstieg derTouristenanzahl gerechnet. Die Einnahmen steigen allerdings nicht in diesem Niveau. _1/

Die Transparenz stellt einen weiteren wichtigen Aspekt für die Investoren dar. Die Statistiken in Kuba werden nicht nur verspätet und unvollständig veröffentlicht sondern sie weisen auch methodische Ungereimtheiten im Vergleich mit internationalen Standards auf. Der offizielle Wechselkurs des kubanischen Pesos wird mit 1 Peso = 1 USD angegeben, was nicht der Realität entspricht. Durch die doppelte Währung im Inland wird nicht nur die Qualität der Buchhaltung beeinträchtigt sondern auch die Möglichkeiten, im Inlandsmarkt zu investieren.

Die Arbeitskräfte verfügen über ein hohes Bildungsniveau und zeigen den Willen, vorwärts zu kommen. Das wirkt sich positiv auf die Produktivität aus, sofern sie entsprechend bezahlt werden. Die besten Beispiele findet man auf dem erlaubten einheimischen privaten Markt und in Miami. Auf der einen Seite sieht sich der Investor beschränkt, dass er Arbeitskräfte nicht wirtschaftlich motivieren darf und andererseits, sich diese nicht einmal selbst einstellen kann.  

Auch sehr wichtig ist die Schnelligkeit mit der eine ausländische Investition in die Wege geleitet werden kann. Die Verhandlungen mit der kubanischen Seite ziehen sich allerdings sehr lang hin, im Durchschnitt um die zwei Jahre.

Schlussfolgerungen

In Kuba gibt es ein großes Potential für ADI. Der Binnenmarkt ist völlig ungesättigt, ca. 50 % der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche liegt brach, die Bevölkerung verfügt über ein hohes Bildungsniveau und es gibt eine geografische Nähe zur größten Markt der Welt.  Allerdings hat der kubanische Staat diese Möglichkeiten nie zu nutzen vermocht. Zwischen 2015 und 2017 investierten Ausländer nur 2.021 Millionen Dollar _4/. Dass diese Menge ungenügend und ist, hat auch die kubanische Regierung selbst festgestellt. Dass sie auch geringer als in anderen Ländern mit ähnlichen Wirtschaften und Größen ist, zeigt folgende Tabelle:

Land201520162017Summe
Costa Rica2.9562.9582.0978.011
Guatemala1.2211.1851.1473.553
Dominikanische Republk2.2052.4073.5708.182

Wenn ADI nach Kuba gezogen würden, sollte sich auch die Kapitalakkumulation auf der Insel verbessern. Diese lagt in der Dekade von 2007 bis 2017 unter 10 % des BIP _1/. Allerdings reicht das nicht aus, um das Problem des Kapitalverlustes zu lösen. Kuba müsste mit eigenen Mitteln investieren. Allerdings hat sich bereits gezeigt, dass die staatlichen Investitionen die Nachfrage weder in Volumen noch in Effizienz befriedigen. Die Lösung kann nur darin bestehen, dass den Kubanerinnen und Kubanern selbst erlaubt wird, zu investieren. Das sollte sowohl für die inländischen als auch für die emigrierten Bürger gelten. Die Emigranten sind größtenteils ansässig in den USA und verfügen außer über Eigenkapital auch über die Möglichkeiten, Kredite in US-amerikanischen Banken zu bekommen. Die in Kuba Ansässigen nutzten das Quäntchen von wirtschaftlicher Freiheit, das ihnen das Regime überließ und stellen heute 30,4% der arbeitenden Bevölkerung. Vom nationalen Kapital und von wirklichen strukturellen Reformen könnte ein Impuls ausgehen, der für Anreize für ADI sorgt: Arbeitskräfteeinstellung ohne Gängelung. So könnten die ausländischen Investoren die Beschäftigten direkt bezahlen.  Den Bauern sollte erlaubt werden, auf dem freien Markt einzukaufen und zu verkaufen. Die mittelalterliche Liste der erlaubten privatwirtschaftlichen Tätigkeiten sollte durch eine wesentlich kürzere der nicht erlaubten ersetzt werden, so wie international üblich ist.

Die Veränderungen würden den Binnenmarkt von ungestillt nach  umfangreich wandeln mit dem Anreiz, in diesen zu investieren.

Wenn das Ziel darin besteht, ausländisches oder inländisches Kapital zu erhöhen, muss der Staat sein Monopol auf den Außenhandel abgeben, damit private Firmen ohne Zwischenakteure im- und exportieren können. Damit verbunden ist auch, dass der Großhandel für private Geschäfte zugänglich, der offizielle Wechselkurs der Wirklichkeit angepasst und dass die doppelte Währung aus dem Umlauf genommen wird. Würden diese Reformen eingeführt, sollte das Handelsembargo der USA aufgehoben werden, denn Investoren und amerikanische Geschäftsleute würden sich nicht zurückhalten können, wo andere Länder begierig zugreifen.

Eher früher als später wird die kubanische Regierung diese Reformen angehen müssen, denn die herrschende Elite ist heute keiner Ideologie unterworfen sondern es herrscht die Gier nach Geld. Sie glauben selbst nicht an die Effizienz dieses Modells, was während sechs Jahrzehnten die Wirtschaft dominierte. Die Elite ist eng in die ADI und auch in die Privatwirtschaft eingebunden. Sie wird sich leicht aus der Mentalität des Verpächters verabschieden, wie sie in der selbstausgerufenen revolutionären Regierung üblich war, und sie durch eine unternehmerische ersetzen.

Allerdings darf man sich auch keinen Illusionen hingeben. Die Einführung von notwendigen Wirtschaftsreformen wird nicht zwangsweise zu mehr Demokratie führen. Der Staatskapitalismus erfreut sich bester Gesundheit, wie man an China und Vietnam sehen kann. Die politische Unterdrückung wird nicht weichen, aber die kubanische Bevölkerung wird nicht mehr von den monatlichen Lebensmittelzuteilungen abhängig sein, die sie nur unzureichend  ernährt. Sie müsste sich nicht mehr in Pferdekarren und unter anderen unzumutbaren Bedingungen bewegen und vor allem, sie könnte endlich ihre persönlichen Bedürfnisse befriedigen und vor allem  durch eigene Arbeit ein Fortkommen haben. Zusammengefasst, sie könnte dem unwürdigen Elend entfliehen.

Emilio Hernandez

Quellenverzeichnis:

_1/ Mesa Lago, Carmelo “La economía cubana: situación en 2017-2018 y perspectivas para 2019” https://cubaposible.com/wp-content/uploads/2018/12/Informe-econ%C3%B3mico-Cuba-Posible-2017-2018-perspectivas-2019.pdf

_2/  Cepal, https://repositorio.cepal.org/bitstream/handle/11362/42651/117/S1701283_es.pdf

_3/ “La inversión extranjera y de la Unión Europea en Cuba” http://export.government.bg/ianmsp/docs/austria-chp0/2012/07/17/Estudio-de-Inversi%C3%B3n-Extranjera.pdf?Status=Master

_4/ De Miranda-Parrondo, Mauricio “La inversión extranjera directa en Cuba: balance del presente y mirada estratégica al futuro” https://cubaposible.com/la-inversion-extranjera-directa-cuba-balance-del-presente-mirada-estrategica-al-futuro/